Wednesday, April 11, 2018

Fotografie vs. traditionelles Kunsthandwerk


Jemand fragte mich letztens: Warum machst du dir im Zeitalter der Fotografie die Mühe, etwas zu zeichnen bzw. zu malen?


Es stimmt. Das ist eine Frage, mit der man sich als Künstler eigentlich mal auseinandersetzen sollte. Ich persönlich hab da aber noch nie so wirklich darüber nachgedacht. Bis eben letztens.

Für dieses Thema, würde ich sagen, fangen wir mal ganz von vorne an.
Denn früher, als es noch keine Kameras gab, die mal eben schnell ein Foto machen konnten, war die Kunst das einzige Werkzeug, um Dinge auf Bild festzuhalten. Man hatte damals nichts anderes.

Dann kam eines Tages die Erfindung der Kamera, und die Welt begann, sich zu wandeln.

Jetzt sind wir in einem Zeitalter angekommen, in dem beinahe jeder so ein Gerät mit sich herumträgt, schön verbaut in einem überaus praktischen Smartphone und mit genug Megapixeln um anständige Bilder zustande zu kriegen. Man kann Dinge festhalten, wo man eben gerade ist und muss dafür keine schwere Ausrüstung mehr aufbauen. Eine Berührung des Touchscreens reicht aus und zack, ist ein Moment für die (naja, ich geh jetzt einfach mal davon aus …) Ewigkeit festgehalten.


Warum also macht sich ein Künstler heute noch die Mühe, den Pinsel bzw. Stift zu schwingen wenn er doch genauso gut mal eben die Kamera auspacken könnte?
Ich kann hier nur für mich selbst sprechen. Andere mögen vielleicht andere Gründe haben.


1. Du kannst Sachen darstellen, die es in der Realität nicht gibt
Das ist vielleicht der wichtigste Punkt für mich als Fantasy – Fan und -Künstler. Manche Dinge kann man einfach nicht fotografieren, weil sie nicht existieren. Man kreiert diese Dinge, diese Welten, im Kopf, um sie dann zu Papier, Leinwand oder was auch immer zu bringen. Solange es keine Gedankendrucker gibt, wird dafür wohl immer Farbe und Untergrund nötig sein.
Klar könnte man jetzt mit Fotomontagen arbeiten … aber hier spreche ich wieder für mich – ich hab absolut keine Ahnung von diesem Themengebiet und bin eben auch dementsprechend mies wenn ich irgendwas zusammen montieren soll. Mit Pinsel und Farbe z.B. geht sowas viel besser :)


2. Malen / zeichnen macht viel mehr Spaß als mal eben kurz auf den Auslöser zu drücken
Ich persönlich finde es viel zufriedenstellender, einen Stift in der Hand zu halten und mit ihm Farbe auf dem Papier zu hinterlassen, als für ein paar Sekunden eine Kamera auszupacken und einfach abzudrücken. Der Entstehungsprozess einer Zeichnung oder eines Gemäldes ist so viel lehrreicher und lohnender, als mal eben ein Foto zu schießen. 


3. Wenn du zeichnest / malst studierst du deine Umwelt und Menschen viel genauer
Geht zumindest mir so. Ich ertappe mich immer öfter dabei, wie ich einfach z.B. draußen sitze, die Landschaft um mich bis ins kleinste Detail studiere, und mich dabei frage – wie würde man sowas malen? Oder eine andere Angewohnheit von mir ist es über die Jahre geworden, menschliche Gesichtszüge zu studieren. Hier eine Falte, da eine krumme Nase … meine persönliche Feststellung ist: man beobachtet einfach alles genauer, wenn man sich in der schönen Kunst betätigt.


4. Man trainiert die grauen Zellen
Gehe ich zumindest davon aus. (Gibt's da wissenschaftliches Material zu?) Kurz ein Foto zu machen erfordert nicht viel Denkarbeit. Na gut, die Bildbearbeitung hinterher vielleicht schon. Aber wenn man etwas händisch kreiert, trainiert man seine Hirn-Hand-Koordination und schult seinen Sinn für Farben und Formen.


5. Mit Fotos ist es schwer, Emotionen zu vermitteln
Geht zumindest mir so. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur eine lausige Fotografin. Ich persönlich finde es schwierig, Stimmung und Atmosphäre mit Fotos zu vermitteln. Wer weiß, wie viel Wert ich bei meinen Gemälden auf eben diese beiden Dinge lege, der kann mich in diesem Punkt eventuell verstehen. Mit Farbe und Pinsel kann man in meinen Augen so viel mehr ausdrücken als mit einem Foto. Bzw. wenn man das Selbe mit einem Foto machen wollen würde, müsste man erst lange Beleuchtung usw. einrichten, um den Effekt zu bekommen.Dafür besitze ich nicht das nötige Material oder Know-how.
Es ist schwer, zu beschreiben was ich mit diesem Punkt meine. Manche werden mir vielleicht widersprechen, und das ist in Ordnung. Nur ich persönlich kann eben mit gemalten Werken viel mehr ausdrücken als mit Fotos. :)


6. Das Objekt das man darstellen möchte, ist eventuell nicht in Reichweite
Größtes Problem mit Foto vs. Zeichnung / Gemälde dürfte sein – gerade für jemand wie mich, der gerne Menschen zeichnet – das Objekt das man darstellen möchte, befindet sich oft nicht in Reichweite. Gerade wenn man bekannte Leute zeichnen will. Es ist nicht jedem vergönnt, einen Presseausweis und / oder viel Vitamin B zu haben :D
Aber auch in der Malerei ist das nicht anders. Man stelle sich vor, man möchte einen Palmenstrand malen, wohnt aber in Norwegen … Oder es fehlt einem eben das nötige Kleingeld, um die Welt zu bereisen.
Dieser Punkt ist insofern ein Spezialfall dass – ja, hier ist es durchaus mal sinnvoll, und ich verteufle die Fotografie ja durchaus nicht, denn alles hat seinen Platz in dieser Welt – man, wenn man eben Dinge Zeichnen möchte, an die man nicht heran kommt, sich auf andere verlassen kann, die eben eine Kamera besitzen und sich an den nötigen Orten befinden bzw. die richtigen Leute kennen.


Das waren nur ein paar Punkte, warum ich finde, dass auch im Zeitalter der Fotografie das Schaffen von Bildern per Hand nicht aussterben sollte. Es gibt sicher noch mehr Gründe, aber für den Moment sind die obigen die einzigen, die so in meinem Kopf herum schwirren.

In diesem Sinne, passt auf euch auf und bis zum nächsten Mal :)

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